BMF veröffentlicht Referentenentwurf zur Zinszusatzreserve

Nach langem Warten hat das Bundesfinanzministerium mit Datum 14.9.2018 einen Referentenentwurf zur Anpassung der Deckungsrückstellungs-Verordnung für Lebensversicherer und Pensionsfonds vorgelegt. Es wird beabsichtigt, die Neufassung noch dieses Jahr in Kraft zu setzen, um die Berechnung der Deckungsrückstellung per 31.12.2018 bereits nach dem neuen Verfahren zu ermöglichen.

Die wirtschaftliche Entlastung für die Lebensversicherungsbranche durch die neue Methodik ist erheblich. So hat die Ratingagentur Assekurata berechnet (–> Link zur Presseerklärung), dass sich die Zuführung zur Zinszusatzreserve für die gesamte Branche in 2018 um 14 Mrd Euro reduziert. Mit der Veränderung der Methode wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Zinszusatzreserve bereits über 60 Mrd Euro beträgt und die in den nächsten Jahren zu erwartenden weiteren Zuführungen die Lebensversicherer erheblich belastet hätten.

Der Referentenentwurf beruht auf der sogenannten Korridormethode, die von Aktuaren der DAV unter Mitwirkung der BaFin entwickelt worden ist. Vereinfacht gesagt liegt der Kern der Veränderung  darin, dass der Referenzzins sich von Jahr zu Jahr nur um einen bestimmten Prozentsatz X der Differenz zwischen dem Referenzzins des Vorjahres und dem Referenzzins des aktuellen Jahres nach alter Methodik verändern soll. Dadurch wird in Zeiten fallender Zinsen die Absenkung des Referenzzinses langsamer erfolgen und in Zeiten steigender Zinsen die Erhöhung des Referenzzinses verzögert erfolgen. Dieser Prozentsatz X, der lange umstritten war, ist jetzt im Entwurf auf 9% festgelegt worden. Er hat einen wesentlichen Einfluss auf das Verfahren. Je niedriger er ist, desto stärker ist die Abweichung zum alten Verfahren.

Wirtschaftlich bedeutet dies für die Lebensversicherer und Pensionsfonds, dass in den nächsten Jahren die Zuführungen zur Zinszusatzreserve geringer werden. Die Lebensversicherer müssen weniger Bewertungsreserven realisieren, um die Bilanz auszugleichen. Theoretisch könnte auch die Überschussbeteiligung höher ausfallen, was aber in der derzeitigen Kapitalmarktsituation noch nicht zu erwarten ist.

In Zeiten steigender Zinsen wird die Zinszusatzreserve allerdings auch langsamer aufgelöst, d.h. die Rückführung der in der Zinszusatzreserve zurückgestellten Mittel in die Gewinn- und Verlustrechnung  erfolgt also gegenüber dem alten Verfahren verzögert. Diese Glättung des „Auf und Ab“ der Zinszusatzreserve ist ökonomisch vernünftig. Wie die Glättung sich aber auf den Ausgleich der Interessen der verschiedenen Kundengruppen (z.B. in den nächsten Jahren ablaufende Verträge mit hohen Rechnungszinsen gegenüber den in der Niedrigzinsphase neu abgeschlossenen Verträge mit niedrigen Rechnungszinsen) auswirkt, hängt sehr stark von unternehmensindividuellen Gegebenheiten ab und ist nur mit Hilfe von komplexen Hochrechnungen der Bestände zu ermitteln. Die Effekte für die Kunden werden daher sehr unterschiedlich ausfallen, zumal auch die Finanzierung der Zinszusatzreserve sehr unterschiedlich von den VU gehandhabt worden ist.

Um ein Bild über die Auswirkungen der Veränderungen der Methode zu geben, stellen wir hier drei Szenarien vor.

Die erste Grafik zeigt die zukünftige Entwicklung des Referenzzinses nach alter und neuer Methode, wenn man unterstellt, dass das Niveau der 10jährigen Null-Kupon-Euro-Zinsswapsätze (Basiszinssätze) vom Ende August 2018 in Höhe von 0,886 konstant in der Zukunft bleibt.

Referenzzinssatz alt und neu, konstantes Zinsniveau

Die zweite Grafik unterstellt ein kontinuierliches Ansteigen der Jahresmittel der 10jährigen Null-Kupon-Euro-Zinsswapsätze um 0,25%-Punkte ab 2019. Man erkennt den Abschwächungs- und Glättungseffekt im Vergelich mit der alten Regelung.

Referenzzinsatz alt neu bei steigendem Zinsniveau

In der dritten und letzten Grafik ist ein Auf und Ab der Zinsen angenommen. Auch hier erkennt man den Glättungseffekt.

Referenzzinsatz alt neu bei Auf und Ab des Zinsniveaus